Teresa Jakobs setzt sich seit vielen Jahren als Straßensozialarbeiterin für obdachlose Menschen ein. Für sie ist Obdachlosigkeit vielschichtig. Aus ihrer Sicht braucht es mehr individuelle Hilfsangebote für Menschen, die auf der Straße leben müssen.
Teresa Jakobs setzt sich seit vielen Jahren als Straßensozialarbeiterin für obdachlose Menschen ein. Für sie ist Obdachlosigkeit vielschichtig. Aus ihrer Sicht braucht es mehr individuelle Hilfsangebote für Menschen, die auf der Straße leben müssen.
Wir suchen die Menschen auf, die Ihren Lebensmittelpunkt auf der Straße haben. Wir versuchen mit ihnen in Kontakt zu kommen und eine Vertrauensbasis aufzubauen, um herauszufinden welche konkreten Hilfsbedarfe sie haben und wie wir sie unterstützen können. Wir begleiten z.B. zu Behörden und Ämtern, um den Menschen den Weg ins Sozial- und Hilfesystem zu erleichtern. Wir fahren auch regelmäßig beim Mitternachtsbus mit, um hier auf die Menschen zu stoßen, die wir tagsüber nicht antreffen.
Wir sind ein Teil des Diakonie-Zentrums für Wohnungslose. Hier haben wir unsere Büros, um Beratungen auch in einem geschützten Rahmen anbieten zu können. Denn viele Themen sind so persönlich und intim, dass für einige Klient*innen die Straße nicht der geeignete Besprechungsort ist. Zu unserer Arbeit gehört auch die Gremien- und Netzwerkarbeit, so sind wir z.B. auch bei Stadtteilkonferenzen dabei, um die Sichtweisen und Interesse von obdachlosen Menschen zu vertreten.
Es ist für die obdachlosen Menschen wichtig, dass Ihnen jemand zur Seite steht und sie unterstützt. Dazu gehört z.B. zu prüfen welche (rechtlichen) Ansprüche die Menschen haben. Häufig versuchen wir zunächst eine Krankenversicherung zu besorgen und staatliche Leistungen durchzusetzen. Oft trauen sich unsere Klient*innen nicht mehr zu Behörden zu gehen, weil sie schon viele schlechte Erfahrungen gemacht haben. Unser Ziel ist es, für die Menschen eine finanzielle und gesundheitliche Absicherung herzustellen, was essentielle Voraussetzungen sind, um ein Leben Abseits der Straße zu beginnen.
Nicht alle haben einen Rechtsanspruch auf Hilfeleistungen. Hier ist unser Ziel, niedrigschwellige Unterstützung zu ermöglichen,wie medizinische Grundversorgung bei uns im Diakonie-Zentrum. Aber leider ist es selbst für die Menschen, die einen Anspruch haben, sehr schwer, diesen durchzusetzen. Dafür braucht es uns.
Es wird von obdachlosen Menschen viel verlangt, bis sie weitreichende Hilfeleistungen in Anspruch nehmen können. Die Verfahren sind oft sehr langwierig und man muss viele Hürden überwinden. Viele können und wollen diesen Weg nicht gehen, weil sie immer wieder auf Hindernisse stoßen, nicht wissen, was sie machen sollen und welche Rechte sie haben. Hinzu kommt, dass die Bedingungen auf der Straße die Erarbeitung langfristiger Perspektiven enorm beeinträchtigt, da die Menschen sich in erster Linie darum sorgen müssen, wie sie den nächsten Tag überstehen.
Hinzu kommen strukturelle Herausforderungen, die den Weg in eine Unterbringung oder bezahlbaren Wohnraum erschweren: von beidem gibt es in Hamburg zu wenig.
Ich glaube, die Vorstellung der Gesellschaft von Obdachlosigkeit ist eher männlich geprägt. Faktisch ist jede dritte bis vierte obdachlose Person eine Frau. Aus meiner Erfahrung würde ich sagen, sie sind bemühter, nicht so sichtbar zu sein. Einige obdachlose Frauen nutzen die Sexarbeit als Möglichkeit, um sich eine Unterkunft leisten zu können oder bei einem Freier unterzukommen. Das birgt aber auch die Gefahr, sich Gewalt auszusetzen. Generell machen viele Frauen auf der Straße Gewalterfahrungen, weshalb es so wichtig ist, dass es Schutzräume wie z. B. das Sperrgebiet gibt (siehe Interview mit Christin Laudon).
Es gibt die Auffassung, die Menschen seien selbst schuld und müssten nicht obdachlos sein. Hier sagen wir immer: „Kein Mensch ist freiwillig obdachlos.“ Es gibt viele Gründe, die dazu führen, dass Menschen auf der Straße leben, wie z. B. Krankheit, Lebenskrisen oder Armut. Der Weg zurück von der Straße dauert lange und ist sehr schwer.
Ich fahre immer mit dem Fahrrad nach Hause und kann dabei meinen Kopf frei kriegen. Ich habe aber keine bewusste Strategie, die ich jeden Tag mache, um im Feierabend abzuschalten. Dabei spielt aber auch eine große Rolle, dass ich einen guten Austausch mit meinem Kolleg*innen habe, um Sachen nicht mit nach Hause zu nehmen.
Ich versuche meine Arbeit nicht alltäglich zu bewerten, denn das könnte schnell frustrierend sein, da muss man eher das große Ganze sehen. Für mich persönlich ist ein Erfolg, wenn ich jemandem eine Unterkunft ermöglicht habe oder wenn mir jemand „Hallo“ sagt, zu dem ich schon häufig versucht habe Kontakt aufzubauen. Es sind meist eher die kleinen Momente, die kleinen Schritte, die für mich einen Tag erfolgreich oder gut werden lassen.